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Was heißt Nachhaltigkeitscontrolling für Unternehmen?

insightsoftware -
22 Juni 2021

insightsoftware ist ein globaler Anbieter von Reporting-, Analyse- und Performance-Management-Lösungen, mit denen Unternehmen Daten intelligent nutzen und die Prozesse von Finance und Data Teams revolutionieren können.

Nachhaltigkeit ist ein weites Feld, das zahlreiche Themen umfasst. Doch nicht alle sind für jeden gleichermaßen relevant. So spielen für ein lokal agierendes Unternehmen völlig andere Punkte eine Rolle als für global agierende Konzerne. Integrierte Analysen und qualifizierte Auswertungen helfen beim Setzen der jeweils relevanten Schwerpunkte. 

Die wohl bekannteste Definition von Nachhaltigkeit ist die der Vereinten Nationen, besser bekannt als Brundtland-Definition.

Nachhaltigkeit ist die der Vereinten Nationen, besser bekannt als Brundtland-Definition. Dort wird Nachhaltigkeit als eine Entwicklung definiert, also als etwas, was stetig im Fluss ist: „Eine nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, welche den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“ Ziel war es, ein grundsätzliches Leitbild zu entwickeln. Das Abstraktionsniveau ist allerdings sehr hoch. Aus diesem Leitbild können nur schwerlich konkrete operative Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Doch als grundsätzliche Handlungsmaxime eignet es sich durchaus. Warum beschäftigen sich Unternehmen mit Nachhaltigkeit? Die Antwort ist sehr vielschichtig. Die Gründe reichen von der tiefen intrinsischen Überzeugung eines Unternehmers, aus Verantwortung für die Gesellschaft nachhaltig handeln zu müssen, bis hin zu der Verwendung des Begriffes als Verkaufs- und Marketinginstrument. Allerdings ist der Grund, weshalb Unternehmen sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen, letztlich zweitrangig. Entscheidend ist vielmehr, wie die Beschäftigung ausgestaltet ist. Wird die Nachhaltigkeit in das Managementsystem und in die Wertschöpfungsprozesse integriert oder bleibt es bei Einzelaktionen, die oft losgelöst von den Kernkompetenzen des Unternehmens durchgeführt werden?

Wie zu fast allen Themen gibt es auch im Nachhaltigkeitsmanagement kein 5-Punkte-Programm, das ein wirksames Nachhaltigkeitsmanagement garantiert. Auch wenn solche Punkte immer wieder auftauchen, sind sie im höchsten Maße gefährlich: Suggerieren sie doch „‘mache erstens, zweitens und drittens‘ und dann bist du nachhaltig“. Dabei zielen solche nach Schema-F gestrickten Programme in der Regel am Ziel vorbei. Es gibt jedoch einige Gestaltungsempfehlungen und Erfolgsfaktoren für ein effizientes Nachhaltigkeitsmanagement und für eine Integration der Nachhaltigkeit in das Kerngeschäft des Unternehmens.

  1. Individuelle Definition von Nachhaltigkeit
  2. Verankerung der Nachhaltigkeit im Unternehmen
  3. Analyse verschiedener Nachhaltigkeitstreiber
  4. Offensive marktorientierte Nachhaltigkeitsstrategie
  5. Beachtung der relevanten und potenziellen Themen
  6. Vollständige Integration in das Kerngeschäft
  7. Integrative Methoden sind erforderlich
  8. Alle Unternehmensbereiche sind einzubeziehen
  9. Wesentliche Stakeholdergruppen als Partner einbeziehen
  10. Identifikation der relevanten Treiber ist essenziell
  11. Ursachen und Wirkungen messen und steuern.

Allein der letzte Punkt suggeriert, dass das Controlling, dessen Hauptaufgabe das Messen und Steuern ist, eine entscheidende Rolle bei der Nachhaltigkeit spielt.

Einbeziehung des Controllings

Es ist zu beobachten, dass die Steuerung sozialer und ökologischer Ziele für die Unternehmensführung und die Controller zunehmend an Bedeutung gewinnt. Immer wieder zeigt sich, dass eine wachsende Zahl der Unternehmen die Relevanz dieses Themas erkannt hat, aber häufig noch nicht über konkrete Handlungs- und Vorgehenspläne zur Umsetzung verfügt. Dies führt dazu, dass die Steuerung sozialer und ökologischer Ziele noch immer maßgeblich durch andere Bereiche betrieben wird. Das Controlling ist kaum mit Themen der Nachhaltigkeit befasst. Seine Einbeziehung beschränkt sich auf rein ökonomische Fragestellungen. Es trägt kaum zur Umsetzung nachhaltiger Aspekte bei. Nur in wenigen Ausnahmefällen ist das Controlling ein Treiber in Richtung Nachhaltigkeit. Das Controlling spielt also im Nachhaltigkeitsumfeld noch keine maßgebliche Rolle. Dies steht im Widerspruch zum modernen Selbstverständnis der Controller als Business Partner der Unternehmensführung, der neue und strategisch relevante Themen aufgreift und einen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele leistet.

Welche Gründe sind hierfür verantwortlich?

Das Controlling ist der zentrale Treiber und Koordinator der Planungs- und Steuerungsprozesse im Unternehmen. Die Umsetzung einer nachhaltigen Unternehmensausrichtung bzw. der Nachhaltigkeitsziele basiert auf konkreten ökonomischen, ökologischen und sozialen Maßnahmen. Die Hauptverantwortung für die Planung und Steuerung dieser Maßnahmen liegt bei der Geschäftsführung.
Im Operativen werden jedoch Unterschiede deutlich: Das Umweltmanagement ist der fachliche Ansprechpartner für ökologische Maßnahmen und bei den sozialen Zielen ist dies oft die Personalabteilung. Dem Controlling wird als Aufgabenträger eine geringe Bedeutung beigemessen. Die Beteiligung des Controllings an den übrigen Planungsprozessen im Unternehmen wie den Vertriebs- und Fertigungsplanungen hat sich in vielen Punkten in der Praxis nicht auf die Verantwortlichkeit für Nachhaltigkeitsthemen übertragen. Aufgrund der überwiegend hohen strategischen Bedeutung der Nachhaltigkeit wäre eine stärkere Einbindung des Controllings, als zentraler Ansprechpartner für Fragen der Unternehmenssteuerung, wünschenswert. Doch die passiert aus verschiedenen Gründen nicht. Beispielhaft können hier folgende genannt werden:

  • fehlende Ressourcen und fehlendes Know-how im Controlling
  • fehlende Kontakte von Nachhaltigkeitsmanagern in die Controllingabteilung
  • Einbindung des Controllings ist aus
  • verschiedenen Gründen nicht erwünscht

Aufgaben des Nachhaltigkeitscontrolling

Nachhaltigkeitscontrolling ist die konsequente Weiterentwicklung des klassischen Controllings, um eine Unternehmenssteuerung vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsherausforderungen zu ermöglichen. Dabei erschöpft sich Nachhaltigkeitscontrolling nicht alleine auf seine teils spezifischen Instrumente. Diese „Controllers Toolbox“ ist lediglich der Werkzeugkasten, mit dem der Controller seine Arbeit verrichtet. So wie der Installateur die Aufgabe hat, eine Wasserleitung zu verlegen mit dem Ziel, dass sein Kunde Wasser im Waschbecken hat, so hat der Controller die Aufgabe, entscheidungsrelevante Informationen aufzubereiten mit dem Ziel, dass seine Kunden eine Entscheidung treffen können. Der eine bedient sich bei seiner Aufgabe einer Rohrzange und der andere nutzt Kennzahlen, ABC-, Portfolio- oder Abweichungsanalysen. Diesbezüglich ist kein Unterschied zwischen dem klassischen und dem Nachhaltigkeitscontrolling feststellbar. Steuerungsrelevante Daten aufzubereiten, damit der Kunde des Controllers eine Entscheidung fällen kann, das ist und bleibt die grundlegende Aufgabe des Controllings.

Auch die Grundausrichtung des Controllings bleibt weitgehend unverändert. Kosten- und Leistungsrechnung oder Prozesscontrolling sind weiter notwendig. Das Controlling wird aber immer mehr zum Begleiter und strategischen Berater für die Umsetzung von Innovationen im Bereich der Nachhaltigkeit. Zusätzlich muss das Controlling Chancen und Risiken nachhaltiger Aspekte im Sinne eines Risikomanagements beurteilen und Methoden zu deren Quantifizierung – zumindest aber zu deren Beurteilung – finden. Dazu ist es notwendig, entsprechende Kennzahlen in Scorecards und Regelkreise zu integrieren. Insgesamt verschiebt sich die Kernaufgabe des Controllings somit immer mehr dahin, kontinuierlich die Werthaltigkeit von nachhaltigen Unternehmensstrategien und daraus abgeleitete Einzelmaßnahmen zu prüfen und zu Handlungsanleitungen für das Management zu entwickeln. Somit verschiebt sich das Tätigkeitsfeld des Controllings. Es müssen zwar weiterhin Kosten und Leistungen gegeneinander abgewogen werden, jedoch spielen immer mehr andere, nur schwer quantifizierbare Einflussfaktoren eine Rolle. Diese müssen vom Controlling berücksichtigt werden, da bei einer alleinigen Berücksichtigung von Kostenaspekten und bei herkömmlichen Beurteilungskriterien viele der Nachhaltigkeit geschuldete und nur langfristig wirkende Maßnahmen abgelehnt werden würden. Ein im klassischen Sinn arbeitendes Unternehmen stellt meist den monetären (kurzfristigen) Erfolg in den Vordergrund. Die Grundlagen eines Controllings in einem solchen Unternehmen sind die schwerpunktmäßig operative Analyse der Kostenentwicklung und die operativ wie auch strategisch ausgerichtete Betrachtung der Konkurrenzsituation(in erster Linie) und Marktsituation (in zweiter Linie).

Der Blick fürs Ganze

Diese Punkte sind und bleiben auch bei einem Nachhaltigkeitscontrolling wichtig. Doch der Fokus verschiebt sich. Ein nachhaltigkeitsorientiertes Unternehmen stellt den langfristigen Wertzuwachs als Grundlage für eine dauerhafte Existenz und als Basis für stetig neue Innovationen in den Vordergrund. Hat ein Unternehmen erkannt, dass dies nur möglich ist, wenn es Verantwortung für die Umwelt und die Gesellschaft übernimmt, so folgt daraus ein Controlling mit einem anderen Schwerpunkt. Die Grundlagen eines Controllings in einem solchen Unternehmen sind gleichermaßen die operative Analyse der Kostenentwicklung und die operativ wie auch strategisch ausgerichtete Betrachtung der Konkurrenz- und Marktsituation. Zudem kommen zusätzliche Aspekte wie die Betrachtung langfristiger Auswirkungen von operativem Handeln bzw. Nicht-Handeln oder die Berücksichtigung von aus langfristigen nachhaltigkeitsorientierten Überlegungen folgenden operativen Handlungen hinzu. Der Blickwinkel des Controllers im Nachhaltigkeitscontrolling muss mehrdimensionaler werden: Nachhaltigkeit bedeutet Langfristigkeit und Ganzheitlichkeit. Folglich ergibt sich daraus auch für das Nachhaltigkeitscontrolling, dass der Blick über den bisherigen Horizont hinausgehen muss. Weiterhin sind verschiedene Vereinfachungsregeln bei der

Abbildung der Wirklichkeit erforderlich. Allerdings werden zum Beispiel Betrachtungsraum und zu beachtende Rahmenbedingungen verändert. Der Controller muss sich von traditionellen Sichtweisen verabschieden. Auch wenn die Versuche, Umwelt- und Sozialauswirkungen monetär zu bewerten, sehr erfolgsversprechend laufen, kann es im Umwelt- und gesellschaftlichen Bereich entscheidungsrelevante Informationen geben, bei denen eine Messung und vor allem Bewertung in monetären Größen in keinem positiven Kosten/Nutzen-Verhältnis stehen. Hier sind alternative Wege der Erfassung und Beurteilung nötig. Grundsätzlich gilt, dass die Bewertung von Nachhaltigkeit im Fokus steht. Es gibt zahlreiche andere Aufgaben in einem Nachhaltigkeitscontrolling. Alles steht und fällt mit der Bewertung von Maßnahmen und der Ermittlung der Auswirkungen auf die klassischen Umsatz- und Ergebnis-(kenn)zahlen. Ein Unternehmen durchläuft verschiedene Entwicklungsstadien, die hierarchisch aufeinander aufbauen.

Ein Fazit zum Nachhaltigkeitscontrolling

Controller sollten die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens methodisch und instrumentell unterstützen und das Thema mit all seinen Chancen und Risiken zur Erreichung der Unternehmensziele aktiv vorantreiben. Das Controlling hat die Chance, sich hier führend einzubringen. Unternehmen, die das Controlling außen vor lassen, vertun hier genauso eine Chance wie Controllingbereiche, die aufgrund fehlenden Verständnisses ökologische und soziale Fragen nicht einbeziehen. Nachhaltigkeit – also der Dreiklang von Ökonomie, Ökologie und Sozialem – kann nur gelingen, wenn alle Teile im Unternehmen am gleichen Strang ziehen. Der Unternehmenszweck – also die dauerhafte, immer besser werdende Erfüllung von Kundenbedürfnissen – kann nur mit Nachhaltigkeit gelingen. Als zentrale Stelle im Unternehmen kommt dem Controlling eine besondere Aufgabe zu: Es muss der Motor sein und von allen als solcher gesehen werden.

Der Autor

Bernhard  Colsman arbeitete nach einer Ausbildung als Industriekaufmann und einem klassischen BWL-Studium arbeitete  lange Jahre in verschiedenen Controlling- bzw. Controlling-nahen Positionen bei OTTO, Coca-Cola und BearingPoint. Auch wenn ihn das Thema der Nachhaltigkeit bereits sein ganzes Leben begleitet, befasst er sich seit 2004 intensiv damit. Seit 2010 ist er als selbstständiger Unternehmensberater in dem Bereich tätig. Um die beiden Welten „Controlling“ und „Nachhaltigkeitsmanagement“ zusammenbringen zu können, machte Bernhard Colsman eine Ausbildung zum Nachhaltigkeitsmanager. Neben seiner Tätigkeit als Berater mit Spezialisierung auf „Nachhaltigkeitscontrolling“ und Nachhaltigkeitsmanagement“ ist er als Dozent tätig und Autor zweier Bücher.